Einige von den coronabedingten Schließungen betroffenen Unternehmen waren für diesen Fall zumindest auf dem Papier zunächst gut vorbereitet. Sie hatten eine sogenannte Betriebsschließungsversicherung (BSV) abgeschlossen. Nachdem die Schließungen bereits Wochen andauern, wendeten sich einige Versicherungsnehmer nun an den Versicherer und verlangten finanzielle Unterstützung in diesen Krisenzeiten.
Versicherer stellen sich zum Teil quer
Um so erschrockener dürften die Versicherungsnehmer gewesen sein, als einige große Versicherer eine Leistungsverpflichtung ablehnten. Die Versicherer bringen vor, dass die Betriebsschließungsversicherungen (BSV) gerade in Seuchenfällen nicht greifen. Stattdessen bieten die Versicherer eine Entschädigung lediglich in Höhe von 15% der laut Versicherungsvertrag vereinbarten Tagesentschädigung an. Begrenzt auf höchstens 30 Tage.
Zugegeben, darin wird nicht ausschließlich ein Kalkül der Versicherer zu sehen sein, sich kostengünstig aus der Affäre zu ziehen. Aufgrund der Vielzahl betroffener Unternehmen (vor allem Gaststätten) werden die erwarteten Zahlungsansprüche auch einen großen Versicherer möglicherweise bis an seine Leistungsgrenzen belasten. Einwenden ließe sich dennoch, dass es sich dabei eben um die Realisierung des normalen Kalkulationsrisikos eines Versicherers handelt.
Nicht unter Druck setzen lassen
Die Versicherungsnehmer sollten sich zunächst nicht durch kurze Annahmefristen für Angebote seitens des Versicherers unter Druck setzten lassen. Es gilt, den Versicherungsvertrag für jeden Einzelfall zunächst genau durchzugehen und den Wortlaut der Vertragsklauseln zu beachten. Erst dann kann der Unternehmer abwägen, ob er nach dem Motto vorgehen will „lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“.
Argumente abwägen
Eine Entscheidung der Rechtsprechung zu der völlig neuen Situation im Zusammenhang mit Corona und einer BSV liegt noch nicht vor. Insofern ist hier in beide Richtungen noch alles denkbar. Und die bisherigen Argumente der Versicherer sind nicht in allen Bereichen schlüssig. Schließlich ist es die Aufgabe des Versicherers, die Kalkulationsrisiken im Vorhinein einzuschätzen und sodann den geforderten Beiträgen zugrunde zu legen.
Zudem verweisen einige Versicherungsbedingungen auf das Infektionsschutzgesetz (IfSG) und die dort genannten Erreger sowie Maßnahmen, die zu einer Betriebsschließung führen. Bisher haben die Verwaltungsgerichte das IfSG auch als korrekte Ermächtigungsgrundlage für die Behörden zur Verhängung von Betriebsschließungen anerkannt. Daher ist es nur folgerichtig, dass somit auch ein Versicherungsschutz eintritt, wenn das IfSG zur Anwendung gelangt.
Wenig schlüssig erscheint es auch, wenn sich die Versicherer darauf berufen, dass Betriebsschließungen aufgrund von Allgemeinverfügungen (vgl. die Corona-Verordnungen der Länder) nicht einer „Schließung aufgrund behördlicher Anordnung“ entsprechen. Zwar richten sich die „Schließungsanordnungen“ nicht konkret an den jeweiligen Betreiber, allerdings werden alle Betreiber durch einen behördlichen Verwaltungsakt – nichts anderes ist die Allgemeinverfügung – betroffen und müssen zwangsweise schließen. Die Verwaltungsgerichte bewerten dieses staatliche Vorgehen bisher als rechtmäßig – wenn auch nicht ausdrücklich in versicherungsrechtlichen Fällen, da dies noch nicht zu entscheiden war.
Im Rahmen der Vertragsauslegung aus Sicht des Versicherungsnehmers ließe sich daher gut argumentieren, dass es für ihn faktisch keinen Unterschied macht, ob er aufgrund einer ausdrücklich an ihn gerichteten Verfügung schließen muss oder dies wegen einer Allgemeinverfügung der Fall ist.
Aus diesen Überlegungen heraus kann es daher sinnvoll sein, zunächst den Versicherungsvertag genau bewerten zu lassen, bevor man sich zu schnell auf Angebote der Versicherer einlässt. Bei der rechtlichen Einschätzung helfen wir Ihnen selbstverständlich gerne weiter.
Informationsstand: 24.04.2020, 17:00 Uhr.
#digitaleNestwaerme