BETRIEBSSCHLIEßUNGSVERSICHERUNG: ERSTES GERICHT ÜBT DRUCK AUF VERSICHERER AUS

BADEN-WÜRTTEMBERG GELD STAATLICHE MAßNAHMEN VERTRÄGE

Eine Klägerin, die Gastronomiebetriebe und Hotels in Berlin betreibt, unterlag zwar in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Mannheim (Urteil vom 29. April 2020, Az. 11 O 66/20). Allerdings wurde das Gericht deutlich, was die eigentliche Zahlungsverpflichtung des Versicherers während Betriebsschließungen aufgrund von Corona-Verordnungen angeht.

Hat der Versicherungsnehmer eine Betriebsschließungsversicherung (BSV) abgeschlossen, so ist der Versicherer grundsätzlich dazu verpflichtet, für Umsatzeinbußen aufgrund der Schließung aufzukommen. Dies gilt auch während einer Corona-Pandemie, sofern die Vertragsklauseln des Versicherers undeutlich oder missverständlich formuliert sind. Denn solche Formulierungen gehen zu Lasten des Verwenders und können nicht einseitig belastend auf den Versicherungsnehmer abgewälzt werden. Maßstab der Auslegung des Vertrags ist, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die jeweilige Klausel bei aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Zusammenhangs verstehen muss.

Unvorhersehbarkeiten gehen grundsätzlich zu Lasten des Versicherers

Für eine weite Auslegung des Vertrags und Gesetzes zu Gunsten des Versicheres spräche laut dem Landgericht zwar das Interesse des Versicherers, die gesetzliche Auflistung nur auf bekannte Erreger und Krankheiten, gegen die bereits Medikamente und Impfstoffe zur Verfügung stehen, erstrecken zu wollen, nicht jedoch auf die bei Vertragsschluss unbekannten Erreger, um das Risiko im Rahmen zu halten. Diesem Einwand erteilte das Gericht hier aber eine Absage: Der Versicherer hat es nach der Ansicht des Gerichts nämlich selbst in der Hand, einen abschließenden Katalog an Erregern aufzunehmen.

Nichts anderes gilt bei Schließungen aufgrund Rechtsverordnungen

Nach der Ansicht des Landgerichts führt die Auslegung der streitgegenständlichen AGB-Klausel zu dem Ergebnis, dass faktische Betriebsschließungen – wie sie durch die Corona-Verordnungen eingetreten sind – von ihr umfasst sein sollen. Der Anwendung der Klausel stünde zudem nicht entgegen, dass die Anordnungen im Zuge einer Epidemie von internationalem Ausmaß getroffen wurden. Es genüge laut den AGB eine behördliche Anordnung auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes. Einschränkungen, dass es sich um einen konkreten Verwaltungsakt im Einzelfall handeln müsse oder dass die Gefahr in jedem Fall im Betrieb selbst ihren Ursprung haben müsse, fänden sich im Wortlaut nicht.

Diese Rechtsansicht dürfte einigen Gastronomen und Versicherungsnehmern Hoffnung geben. Zumindest tendiert das Landgericht dazu, den Vertrag auch auf die derzeitige Pandemie zu erstrecken. Ein besonderes Augenmerk sollte jedoch auf die Bezifferung des Schadensbetrages verwandt werden: Hier hatte das Landgericht erhebliche Bedenken. Es hielt es für die Berechnung der Ersatzsumme für denkbar, dass auf einen Durchschnittsbetrag der letzten Monate Bezug genommen wird. So sei die Höhe der Leistung und das Risiko zwischen den Parteien gerecht verteilt, da zum einen besonders umsatzschwache Monate nicht schwerer wiegen und zum anderen ungewöhnlich gewinnreiche Monate angemessen relativiert würden.

Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren liegt noch nicht vor. Wir bleiben hier für Sie selbstverständlich weiterhin dran. Es wird auch damit gerechnet, dass zukünftig weitere Gerichte in ähnlichen Fällen entscheiden werden. Für Gastronomen ist dann zu hoffen, dass die Entscheidung entsprechend Schule macht.

Informationsstand: 19.05.2020, 17:00 Uhr

#digitaleNestwaerme

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