LANDGERICHT HEILBRONN VERSAGT ENTSCHÄDIGUNG

BADEN-WÜRTTEMBERG GELD STAATLICHE MAßNAHMEN

Eine Friseurin beantragte im Rahmen eines Eilverfahrens vor dem Landgericht Heilbronn (Urt. v. 29.4.2020, Az. I 4 O 82/20) die Auszahlung einer Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), weil sie durch die Corona-Allgemeinverfügung gezwungen war – wie alle anderen Friseure auch – ihr Geschäft vorübergehend zu schließen.

Die Entschädigung verlangte die Antragstellerin, weil ihr zwischenzeitlich wegen der Schließung erhebliche Kosten entstanden seien. Dazu zählen Miete, Versicherungszahlungen und der völlige Verdienstausfall. Um sich dagegen zu wehren, stellte sie einen Antrag am Landgericht Heilbronn auf Entschädigung. Sie wolle im Rahmen des Antrags einen Vorschuss in Höhe von 1.000,00 € vom Land Baden-Württemberg.

Landgericht lehnt Antrag ab

Das Landgericht schätzte die Rechtslage im Verfügungsverfahren zu Ungunsten der Antragstellerin ein und lehnte den Antrag ab. Das Landgericht hielt es nicht für hinreichend dargelegt, dass ein Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG bestehe, denn die Antragstellerin habe bereits ca. 9.000,00 € „Corona-Soforthilfen“ erhalten. Eine existentielle Notlage läge daher nicht vor, ansonsten bestehe aber ebenfalls kein Anspruch auf Entschädigung.

Keine Ansprüche aus dem Infektionsschutzgesetz…

Interessant ist, dass das Landgericht zu dem (vorläufigen) Schluss kommt, dass ein Anspruch aus Entschädigung nicht aus dem IfSG oder Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolG) folge. Voraussetzung für einen Anspruch sei nämlich eine (direkte) Maßnahme nach dem IfSG (§ 56 Abs. 1 IfSG). Dies wäre bei den allgemeinen Betriebsschließungen gerade nicht der Fall. Denn dafür, hätte die Schließung beispielsweise wegen Infektion oder drohender Infektion des Betreibers erfolgen müssen, was aber im konkreten Fall nicht vorlag. Auch eine analoge Anwendung der Norm – also über den reinen Wortlaut hinaus auch für ähnliche Fälle – komme nicht in Frage, da keine Regelungslücke zu schließen sei. Hier ist die Begründung des Gerichts besonders spannend. Es geht nämlich sodann davon aus, dass die in Anspruch genommenen Corona-Soforthilfen für Selbständige wie eine Entschädigung zu werten seien. Diese Soforthilfen schlössen eine Regelungslücke, sodass das IfSG nicht anzuwenden sei oder nicht angewendet werden müsse.

… oder Polizeirecht

Ein Anspruch aus dem Polizeigesetz (§ 55 PolG) scheide laut dem Gericht auch aus, weil das IfSG als spezielleres Gesetz abschließende Regelungen treffe und dem PolG vorgehe. Auch ein Rückgriff auf die Grundsätze des enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriffs oder den Aufopferungsgedanken scheitern laut dem Landgericht letztlich daran, dass das Schutzgut dieser Institute die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Grundgesetz sei. Im vorliegenden Fall gehe es aber um Erwerbs- und Betriebsaussichten im Friseursalon der Klägerin, worin noch keine Beeinträchtigung des Eigentums gesehen werden könne.

Das Spiel ist noch nicht aus

In dem vom Landgericht entschiedenen Fall handelt es sich zunächst nur um eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz. Es kann auch nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass es sich um eine verallgemeinerungsfähige „Grundsatzentscheidung“ handelt. Offen bleibt, ob die nächsthöheren Instanzen ähnlich gelagerte Fälle ebenso bewerten wie das Landgericht. Offen bleibt auch die Frage, ob eine Entschädigung etwa dann in Frage kommt, wenn der Selbständige keine Soforthilfen erhalten hat. Denn es erscheint zunächst nicht folgerichtig, wenn die Allgemeinverfügung sich auf die Ermächtigungsgrundlage im IfSG berufen und die (Verwaltungs-) Gerichte dies noch für zulässig halten, sodann aber eine Entschädigung aufgrund solcher Maßnahmen angeblich nicht mehr vom IfSG gedeckt seien. Da die Gerichte grds. nur zu dem jeweils vorgelegten Rechtsfall entscheiden (dürfen), sind abweichende Entscheidungen anderer oder sogar desselben Gerichts weiterhin möglich.

Beachten Sie auch die Antragsfrist für Entschädigungen und Vorschüsse nach dem IfSG gegenüber Behörden. Der Antrag muss innerhalb von derzeit 3 Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder dem Ende der Absonderung bei der zuständigen Behörde erfolgen (§ 56 Abs. 5, 11 IfSG).

Informationsstand: 05.05.2020, 17:00 Uhr

#digitaleNestwaerme

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